Im Herzen des beeindruckendsten Geschäftsturms der Stadt – der Lobby eines der größten Konglomerate des Landes – herrscht lässiges, schnelles rituelles Treiben. Der Morgen schien einen unsichtbaren Schalter umgelegt zu haben: Mit den ersten Sonnenstrahlen, die durch die raumhohen Fenster fielen, brach eine neue Welle von Ehrgeiz, Geschäftigkeit und Eitelkeit an. Der Marmorboden spiegelte nicht nur das Licht, sondern auch die Gesichter – selbstbewusst, stark, herablassend. Mitarbeiter in tadellosen Anzügen, Tablets unter dem Arm und Kopfhörer in den Ohren, eilten zu den Aufzügen, als fürchteten sie, ihr Schicksal zu verpassen. Jemand flüsterte in ein Telefon von Millionen; jemand checkte seinen Terminkalender; Jemand starrte einfach auf die Uhr, als wäre sie ein Karrierechronometer. Hier war jeder Schritt kalkuliert, jedes Wort ein Instrument, jeder Blick ein Urteil.
Dies war eine Welt, in der Erfolg nicht nur am Profit, sondern auch am Aussehen gemessen wurde; Wo sich der Duft von Elitekaffee mit dem Duft von Macht vermischt und Glaswände die „drinnen“ von denen „draußen“ zu trennen schienen. Hier zählte das Sein weniger als der Schein – wichtig, erfolgreich, teuer zu sein. Und in dieser sorgfältig choreografierte, schnelle theatralische Atmosphäre brach sie ein – lautlos, aber mit solcher Angst, dass alles um sie herum für einen Herzschlag zu erstarren schien.
Vor dem glänzenden Boden und den Chromdetails des Innenraums trat eine junge Frau hervor, deren Silhouette sich deutlich von ihrer Umgebung abhob. Ein schlichtes, leicht verblichenes Kleid; abgetragene flache Schuhe, die offensichtlich schon tausende Straßen bereist hatten; zu einem schlichten Pferdeschwanz zurückgebundenes Haar ohne jegliche modische Verzierung; und eine abgenutzte Ledertasche, die mehr Erinnerungen als Besitztümer zu enthalten schien. In ihren Händen hielt sie einen Umschlag, fest umklammert wie einen Talisman. Sie blieben im Türrahmen stehen, als spüre sie die Schwere des Raumes zum ersten Mal. Ihre Brust hob und senkte sich schwer – sie hielt tief Luft, als füllten sie ihre Lungen nicht mit Luft, sondern mit Entschlossenheit. Und sie trat einen Schritt vor.
„Guten Morgen“, sagte sie leise, aber deutlich. „Ich bin hier, um Herrn Tichonow zu treffen. Man hat mir gesagt, ich solle heute um zehn kommen.“
Hinter dem Empfangstresen saß eine junge Frau mit makellosem Make-up, perfekt gestyltem Haar und Nägeln wie Miniaturdolche. Sie blickte nicht einmal vom Monitor auf.
„Sind Sie wegen eines Jobs hier?“, fragte sie kühl. „Niemand hat mich gewarnt.“
Das Mädchen zog den Umschlag heraus. Keine unnötigen Worte, kein Händeschütteln – nur ein Beweis.
Abschließend blickte die Empfangsdame auf. Ihr Blick war nicht bloß abschätzend – er schnitt wie ein Skalpell. Er glitzerte über die abgetragenen Schuhe, das schlichte Kleid, die Handtasche, die Haare – und blieb an jedem Detail hängen, als suchte sie nach einem Grund, es zu verachten.
„Wir haben keine Stellen für Reinigungskräfte frei“, sagte sie trocken. „Der Serviceeingang befindet sich auf der anderen Seite des Gebäudes. Und leider können Sie den Aufzugsbereich ohne Ausweis nicht betreten. Bitte rufen Sie Ihren Vorgesetzten, Herrn Tichonow, an.“
Das Mädchen presste den Umschlag wie einen Schutzschild an ihre Brust. Sie blickte sich um und sah, wie sich bereits ein Halbkreis neugieriger Blicke bildete. Ein Mann in einem Hugo-Boss-Anzug ging vorbei und lächelte sie mitleidig an.
„Also, das neue Mädchen aus der Provinz?“, sagte er und verbarg seinen Spott nicht.
Neben ihm ging eine Frau in einem Designerkleid und High Heels, als wäre sie gerade dem Cover eines Hochglanzmagazins entsprungen. Sie konnten nicht anders:
„Sie hätten sich nur H&M ansehen können, bevor Sie hierher gekommen sind. Das ist kein Bauernmarkt, wissen Sie?“