Eine starke Frau schubst ein Kind in eine Pfütze – doch das Muttermal an seiner Hand macht sie sprachlos …

Sechs Jahre sind vergangen, seit Celeste Moreaus Welt zusammenbrach.

Ihr einziges Kind, Gabriel, verschwand eines sonnigen Nachmittags aus ihrem Garten in Marseille. Die Polizei fand keine Spur – keinen Erpresserbrief, keine Zeugen, nichts. Jahrelang suchte Celeste die Welt ab und bot jedem, der helfen konnte, sein Vermögen an, doch jede Spur löste sich in Staub auf. Mit der Zeit begrub sie ihre Trauer unter Seidenkleidern, Marmorbüros und dem Bild einer unantastbaren Frau, die alles hatte.

An einem kühlen Herbstabend in Paris hielt Celestes schwarze Limousine vor dem Maison Éclat, einem Restaurant, in dem die Elite der Stadt bei Champagner flüsterte und Pläne schmiedete. In einem silbernen Anzug und Diamantohrringen erschien Celeste – ein Inbegriff von Macht und Selbstbewusstsein.

Es begann zu regnen, das Kopfsteinpflaster wurde rutschig und die Scheinwerfer der vorbeifahrenden Autos spiegelten sich darin. Als Celeste auf den Eingang zuging, tauchte eine kleine Gestalt aus der Gasse auf – ein Junge, vielleicht zehn Jahre alt, dünn, durchnässt, eine zerknüllte Papiertüte mit Essensresten in der Hand. Bevor jemand reagieren konnte, rutschte er aus und traf Celestes Beine, wobei schmutziges Wasser ihre makellose Kleidung bespritzte.

Sie erstarrte, ihr Atem ging stoßweise. „Pass auf, wo du hinläufst!“

Der Junge trat erschrocken zurück. „Es tut mir leid, Ma’am. Ich wollte nicht …“

Ihre Stimme durchbrach das Gemurmel der Menge. „Ist dir überhaupt klar, was du getan hast? Dieser Anzug kostet mehr als alles, was du besitzt!“

Die Leute blieben stehen und schauten zu. Manche filmten. Andere flüsterten. Diese schillernde Wirtschaftsikone, bekannt für ihre Gelassenheit, stand nun da und schrie das obdachlose Kind an. Sie geriet in Rage und stieß es von sich. Es fiel mit einem dumpfen Schlag in eine Pfütze.

Ein überraschtes Keuchen ertönte. Blitze gingen los.

Der Junge blickte zitternd auf, aber schweigend. Dann fiel Celestes Blick auf etwas – eine winzige, halbmondförmige Narbe an seinem Handgelenk, kaum sichtbar, aber unverkennbar. Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Gabriel hatte genau dieselbe Narbe.

Der Junge murmelte: „Entschuldigung, ich wollte nur etwas essen.“ Dann drehte er sich um und verschwand in einem Dunst aus Regen und Licht.

In dieser Nacht konnte Celeste kein Auge zutun. Jedes Mal, wenn sie es versuchte, sah sie sein Gesicht – diese graublauen Augen, die sie an die ihres Sohnes erinnerten, diese Narbe, die sie einst geküsst hatte. Im Morgengrauen rief sie ihre Assistentin an.

„Lucien“, sagte sie leise, „finde das Kind von letzter Nacht. Das, über das alle reden.“

Ein paar Tage später kam Lucien mit einem Umschlag zurück. „Er heißt Noah“, sagte er. „Keine Papiere, keine Familie. Er lebt in der Nähe von Pont de la Reine bei einem alten Mann namens Henri.“

An diesem Abend zog Celeste einen einfachen Mantel an und ging am Fluss entlang. Die Luft roch nach Verwesung und Regen. Sie fand sie unter der Brücke – den alten Mann, in eine Decke gehüllt, und den Jungen, der neben ihm zusammengerollt in einem Pappkarton schlief.

Um den Hals des Kindes hing ein kleines silbernes Medaillon. Die Gravur war abgenutzt, aber noch lesbar: „Gabriel“.

Ihre Knie gaben nach. „Oh mein Gott …“

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