Auf unserer Hochzeitsreise wachte ich mitten in der Nacht auf und stellte fest, dass mein Mann sich von mir abgewandt hatte und eine kleine Holzkiste wie einen kostbaren Schatz umklammerte. Er sagte, sie enthalte die Asche seiner Ex-Freundin. Als er duschen ging, öffnete ich sie – und was ich darin fand, brachte mich dazu, meine Koffer zu packen und die Scheidung einzureichen, noch bevor die Sonne aufging.

Ich klappte meinen Laptop zu und verstaute ihn unter meinem Kissen, als Ryan ging. Dampf stieg hinter ihm auf. „Du bist früh wach“, sagte er lässig und wickelte sich ein Handtuch um die Hüften. „Konntest du nicht schlafen?“

„Ja“, log ich mit trockener Kehle. „Ich denke heute nur an den Strand.“

Er lächelte – dieses warme, entwaffnende Lächeln, das mich immer dahinschmelzen ließ. „Okay. Ich dachte, wir könnten die Küste entlangfahren. Keine Handys. Nur wir.“

Ich nickte und tat so, als würde ich meinen Koffer zurechtrücken. Doch als er sich umdrehte, um sich anzuziehen, sah ich etwas anderes auf dem Nachttisch: einen weiteren USB-Stick, diesmal ohne Beschriftung.

Mir lief ein Schauer über den Rücken.

Als er zum Frühstück ging, steckte ich es ein. Es war kein Video – es war ein Ordner voller Fotos. Dutzende von Frauen. Ryan war dabei. Manche wirkten aufrichtig, andere … wirkten nicht einvernehmlich.

Und dann sah ich die endgültige Datei: „Claire_Final.jpg“.

Ich hatte ein flaues Gefühl im Magen.

Es war nicht die Urne, die ihn in dieser Nacht umarmte. Es waren Beweisstücke – Trophäen.

Dann wurde mir klar, dass es nicht Traurigkeit war, die ihn an diese Kiste gefesselt hatte. Es waren Schuldgefühle.

Ich klappte meinen Laptop zu, zog mich an und packte mit zitternden Händen meine Tasche. Als ich die Tür erreichte, vibrierte mein Handy. Eine SMS von ihm:

Wo gehst du hin, Schatz?

Sie hätten die Schachtel nicht öffnen sollen.

Ich erstarrte im Flur und umklammerte mein Telefon fest. Meine Kehle schnürte sich zu. Die Luft im Hotelflur schien zu still, zu leise – als würde das ganze Gebäude den Atem anhalten.

Er wusste es.

Ich antwortete nicht auf die SMS. Ich stopfte mein Handy in die Tasche und rannte los. Der Aufzug war zu langsam, also rannte ich die Treppe hinunter, meine Sandalen klapperten auf dem Beton. Mein Herz hämmerte mit jedem Stockwerk, das ich passierte – fünftes, viertes, drittes. Als ich in die Lobby stürmte, wäre ich fast mit dem Pagen zusammengestoßen.

„Madam, ist alles in Ordnung?“, fragte er.

„Rufen Sie die Polizei“, keuchte ich. „Bitte. Zimmer 712. Mein Mann …“

Die Worte blieben mir im Hals stecken. Wie soll ich so etwas erklären? Dass der Mann, den du vor drei Tagen geheiratet hast, seine Ex umgebracht haben könnte – und vielleicht auch noch andere?

Die Hotelseite reißt die Augen auf, nickte und greift nach dem Telefon. Ich rannte durch die Schiebetür hinaus in den schwülen hawaiianischen Morgen. Auf der anderen Straßenseite schimmerte das Meer, dasselbe Meer, das mir in der Nacht zuvor so schön erschienen war. Jetzt schien es endlos und grausam.

Ich rief die Polizei persönlich aus dem Taxi an. Ich erzählte ihnen alles – die Kiste, die Filme, die USB-Sticks. Sie sagten mir, ich solle mir einen sicheren Ort geben und nicht in mein Zimmer zurückkehren. Ich buchte den ersten Flug zurück nach Kalifornien und meine Hände zitterten noch immer, als ich dem Fahrer das Geld gab.

Am Flughafen, während ich auf dem Boarding warte, checkte ich noch einmal mein Telefon. Sechs verpasste Anrufe von Ryan waren da. Eine Voicemail.

Ich zögerte, bevor ich die Wiedergabetaste drückte.

„Das hast du falsch verstanden“, sagte er leise. Zu leise. „Claire war nicht die, für die sie sich ausgab. Ich wollte mich schützen. Du hättest nicht hinschauen sollen. Du hast alles ruiniert, Emily. Aber es ist okay – wir regeln das, wenn du wieder zu Hause bist.“ Eigenheimkredite

Zuhause. Dieses Wort jagte mir einen Schauer über den Rücken.

Ich habe das Telefon ausgeschaltet.

Als ich in San Francisco landete, war die Polizei bereits im Hotel. Sie fanden die Kiste – leer. Die Disketten waren weg. Ryan war auch weg.

Zwei Tage später rief ein Ermittler an. Sie fanden seinen Mietwagen auf einer Klippenstraße in der Nähe von Hana. Die Reifenspuren endeten abrupt am Rand. Er war nirgends zu finden.

Sie schätzten es als Unfall. Ich wusste es besser.

Manchmal wache ich nachts auf und spüre immer noch seinen Arm um mich, dieses gleiche warme Gewicht, und ich frage mich, ob er wirklich weg ist – oder ob er noch da ist und nach jemandem Neuem zum Festhalten sucht.

Und jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich diese Schachtel – diese wunderschöne, polierte Schachtel – und höre Claires Stimme in der Dunkelheit flüstern:

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