„Bei meiner Ultraschalluntersuchung sah ich plötzlich zwei Babys. Beim nächsten Termin war nur noch eins da. Der Arzt lächelte gequält und sagte: ‚Das ist völlig normal.‘ Doch in der Nacht hörte ich zwei Herzschläge in meinem Bauch …“

Tränen liefen ihr über das Gesicht. „Ich weiß, dass ihr beide da seid“, flüsterte sie in die Dunkelheit.

Von da an wiederholte sich das jede Nacht. Zwei Schläge. Zwei Leben. Doch am Tag blieb der Arzt stur: „Nur ein Baby, Frau Keller. Sie müssen mir glauben.“

Ihre Schwester Julia war die Erste, der sie sich anvertraute. Doch statt zu lachen, legte sie ihr eine Hand auf die Schulter. „Vielleicht will das andere nicht vergessen werden.“

Sarah begann, heimlich alte Akten und Artikel über ähnliche Fälle zu lesen. Manche Frauen berichteten davon, nach der Geburt noch immer zwei Herzschläge gehört zu haben. Andere schrieben, sie hätten ihre Kinder über Jahre hinweg von unsichtbaren Gefährten flüstern hören.

Der Gedanke jagte ihr Angst ein – und Hoffnung zugleich.

Am Abend vor der Geburt träumte Sarah von zwei Kindern, die nebeneinander standen. Das eine hielt ihre Hand, das andere sah sie nur an, bevor es langsam in den Schatten zurücktrat. Sie wachte weinend auf, das Echo zweier Herzschläge hallte in ihrem Kopf.

Im Krankenhaus brachte sie wenige Stunden später ein gesundes Mädchen zur Welt. Ihr Schrei erfüllte den Raum – kräftig, voller Leben. Doch als Sarah sie an die Brust nahm, schwor sie, in der Ferne einen zweiten, leisen Schrei gehört zu haben.

Die Krankenschwester lachte: „Sie hören nur die Echos der Geräte, das passiert oft.“ Aber Sarah wusste es besser.

Denn noch in dieser Nacht, als das Krankenhaus still war, legte sie ihre Hand auf den schlafenden Körper ihrer Tochter – und hörte wieder zwei Herzschläge, die rhythmisch ineinanderflossen.

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