Jahrelang hielt ich Abstand.
Bis eines stillen Morgens etwas in mir erwachte. Ich buchte eine Reise allein in eine Küstenstadt hundert Meilen entfernt. Ich sagte mir, es sei Zeit, mich dem zu stellen – vor dem Wasser zu stehen und still zu sein. Das Meer war an diesem Tag ruhig, der blasse Himmel spiegelte sich in den stillen Wellen. Ich ging barfuß im Sand und atmete die salzige Luft ein, während ich zusah. Zuerst dachte ich, die Trauer spiele mir ein grausames Spiel.
Der Mann vor mir, lächelnd und Händchen haltend mit einer Frau und einem Kind, sah genauso aus wie Anthony. Die gleichen breiten Schultern. Derselbe gelassene Gang. Dieselbe Grübchenbildung, die beim Lächeln auftrat. Mein Körper erstarrte. Meine Knie gaben nach. Ich rief seinen Namen. Er drehte sich um, und ich schnappte nach Luft. Er war es – lebendig. Doch sein Gesichtsausdruck verriet nur Überraschung, ein Nicht-Erkennen.
„Es tut mir leid“, sagte er vorsichtig.
„Ich glaube, Sie irren sich. Mein Name ist Drake.“ Die Frau neben ihm zog das Mädchen näher an sich. Die drei gingen weg und ließen mich zitternd im nassen Sand zurück, meine Stimme im Rauschen der Wellen versunken.
Zur Veranschaulichung:
An jenem Abend klopfte jemand an meine Hoteltür. Die Frau stand davor. Sie stellte sich als Kaitlyn vor und kam herein, als ob sie sich auf einen Kampf vorbereitete. Sie erzählte mir, dass „Drake“ drei Jahre zuvor verletzt und ohne Erinnerung bei ihr gelandet war. Sie hatte ihn gepflegt, und sie hatten sich verliebt. Das Mädchen stammte aus einer anderen Beziehung, aber „Drake“ war der Vater geworden, den sie brauchte. Ihr Tonfall war loyal, doch in ihren Augen lag ein Kampf – Mitleid mit mir, Angst, ihn zu verlieren. Ich sah ihn am nächsten Tag wieder.