„Hoffentlich kommt sie nicht zur Hochzeit“, sagte die Frau mit verächtlicher Stimme.
Maria erstarrte und hörte aufmerksam zu. Die Frau – die Maria bald als Daniels Mutter Karen Carter erkannte – fuhr fort: „Für die Leute, die das gebaut haben, ist hier kein Platz. Im Ernst, diese Frau könnte für drei essen.“
Die Worte trafen Maria wie Glassplitter. Sie hatte fast ihr ganzes Leben lang mit ihrem Gewicht gekämpft, aber solche grausamen Sticheleien zu hören – insbesondere von der Mutter des Verlobten ihrer Tochter – fühlte sich wie ein tiefer und persönlicher Verrat an.
Sie spürte ein Engegefühl in der Brust. Ihre Hände zitterten, als sie das gefaltete Hemd vorsichtig auf den Stapel legte. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie sprechen und damit ihre unbeabsichtigte Anwesenheit preisgeben sollte. Stattdessen drückte sie stumm auf die Beenden-Taste. Ihr Herz raste, und ihr Atem wurde flach.
Das Haus fühlte sich plötzlich zu still an, zu schwer von unausgesprochenen Wahrheiten. Erinnerungen an Elizas Verlobungsfeier kamen ihr in den Sinn – wie Karen etwas zu steif lächelte, immer mit einem Hauch von Kritik in den Augen; wie sie Maria unverblümt gefragt hatte, ob sie „jemals daran gedacht hätte, in ein Fitnessstudio zu gehen“, während sie an ihrem zweiten Glas Champagner nippte. Damals hatte Maria die Bemerkungen als gesellschaftliches Unbehagen abgetan. Aber das hier … das war etwas ganz anderes. Das war Grausamkeit.
Als sie am Esstisch saßen, rasten Marias Gedanken. Eliza war bis über beide Ohren in Daniel verliebt, aber in der Ehe ging es nicht nur um die Liebe zwischen zwei Menschen – es ging auch um die Familien, die sie gemeinsam gründeten. Was für ein Leben würde Eliza mit Schwiegereltern führen, die zu solch versteckter Bosheit fähig waren?
Tränen trübten Marias Sicht. Fast konnte sie die Stimme ihres verstorbenen Mannes in ihrem Kopf hören, ruhig und beständig: Beschütze sie. Beschütze sie immer.
Und in diesem Moment traf Maria eine Entscheidung – leise, aber entschieden. Sie griff erneut zum Telefon, nicht aus Gewohnheit, sondern voller Überzeugung. Sie wählte drei Nummern und rief drei Menschen an, die helfen konnten, das Kommende zu ändern. Ihre Stimme war ruhig, ihre Worte klar. Sie erhob ihre Stimme nicht – aber sie sprach aufrichtig und überzeugt.
Als sie schließlich auflegte, beruhigte sich ihr Atem. Sie wusste nicht genau, wie Eliza reagieren würde, noch wie Daniels Familie reagieren würde. Aber eines war sicher: Die Hochzeit würde nicht stattfinden.
Maria lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, das leise Summen des Kühlschranks erfüllte die Stille um sie herum. Draußen brannte noch immer die Sonne Arizonas, doch in ihrem Herzen braute sich ein Sturm zusammen.
Sie rief zum ersten Mal ihre Schwägerin Margaret Jensen an – die Eliza seit dem Tod ihres Vaters wie eine zweite Mutter zur Seite gestanden hatte. Maria erzählte, was sie mitgehört hatte, mit angespannter, aber unerschütterlicher Stimme. Margaret verlor nie die Fassung. „Maria, wenn Karen Carter sich jetzt schon traut, das über dich zu sagen, stell dir vor, wie sie Eliza später behandeln wird. Du hast richtig gehandelt, es mir zu erzählen. Ich werde mit ihr reden.“
Der zweite Anruf ging an ihren langjährigen Freund und Pastor, Pastor Collins, dessen ruhiger Rat ihr durch Trauer, Jobverlust und unzählige andere Stürme geholfen hatte. Er hörte schweigend zu, bevor er sprach. „Maria, manchmal bringt Gott uns in Situationen, in denen wir diejenigen beschützen können, die wir lieben. Eliza mag verletzt sein, aber sie braucht die Wahrheit. Schweigen wäre ein noch größerer Verrat.“
Der dritte Anruf war der schwerste – diesmal an ihre Tochter. Bevor sie wählte, probte Maria sorgfältig ihre Worte. Als Eliza antwortete, klang ihre Stimme hell und fröhlich, deutlich in Gedanken versunken, und Maria wäre fast zusammengebrochen. Doch das Echo von Karens scharfen Worten brachte sie wieder zur Ruhe. Sie erzählte alles, was sie mitgehört hatte – jedes Wort, genau so, wie es gesagt worden war –, ohne etwas zurückzuhalten und die Grausamkeit zu mildern.
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