„Sie sprechen acht Sprachen?“, brach der Millionär in Gelächter aus. Doch ihre Antwort erschütterte seine Welt.

Ich spreche acht Sprachen. Die Stille, die sich in der hallenden Marmorhalle ausbreitete, schien ohrenbetäubend. Sie dauerte nur einen Augenblick, dann war sie vorbei.

Er brach mit einem lauten, dröhnenden Lachen in Stücke. Alexei Iwanowitsch lachte und warf den Kopf in den Nacken. Sein selbstbewusstes und gebieterisches Lachen wurde von zwei seiner Begleiter wiederholt, die in tadellosen Anzügen gekleidet waren, die mehr kosteten als die Jahresgehälter derjenigen, über die sie lachten.

„Acht Sprachen!“, flüsterte Alexei und wischte sich eine Lachträne aus dem Gesicht. „Sergej, hast du gehört?“ Das Mädchen behauptet, polyglott zu sein. Sie meint wahrscheinlich die Sprache der Lumpen und Wischmopps.

Sergei, ein rundlicher Mann mit einem vor Zufriedenheit strahlenden Gesicht, klopfte Alexei auf die Schulter. „Ein Genie von purer Schönheit. Alexei, du hast ein Händchen dafür, Talente an den unerwartetsten Orten zu finden.“

„Vielleicht sollten wir sie für Ihre internationale Abteilung einstellen? Sie wird mit unseren asiatischen Partnern verhandeln.“ Das Lachen klang mit neuer Energie, und das Mädchen stehen still, sehr jung, schnell freundlich, mit dunkler Haut und großen, ernsten Augen. Sie hielten einen Eimer Wasser in den Händen, neben ihr stand ein Wagen mit Reinigungsmitteln.

Sie senkte den Blick nicht und errötete nicht. Sie sahen Alexei Iwanowitsch einfach nur an. In ihrem Blick lag weder Angst noch Groll, nur Ruhe und eine unfassbare Zuversicht. Alexeis Lachen verstummte plötzlich.

Er begegnete ihrem Blick und spürte, wie ihm die Belustigung die Kehle zuschnürte. Irgendetwas an dieser Stille war seltsam, unnatürlich. Beunruhigend, sie störte die vertraute Ordnung der Dinge, in der er der König war und seinengleichen namenlose Schatten waren.

„Lasst uns gehen“, sagte er abrupt als beabsichtigt zu seinen Freunden. „Ich muss arbeiten.“

Er drehte sich um und ging zum Ausgang, ohne sich noch einmal umzudrehen. Doch das Bild des stillen Mädchens mit dem unerschütterlichen Blick hatte sich bereits in sein Gedächtnis eingebrannt.

Der Abend begann wie Hunderte andere zuvor. Ein Wohltätigkeitsempfang zu Ehren einer Stiftung, der begabten Kindern aus sozial schwachen Familien hilft, war der Hauptsponsor. Alexei Ivanovich war der Hauptsponsor.

Nicht weil er an den Plan glaubte, sondern weil es seinem Ruf guttun würde. Seine Fotos in den Zeitungen, seine Händedrücke mit einflussreichen Persönlichkeiten, sein Image als großzügiger Philanthrop – all das waren Vermögenswerte, genau wie seine Unternehmensanteile. Herr Iwanowitsch, sein Assistent Dmitri, ein junger Mann mit stets besorgtem Gesichtsausdruck, reichte ihm eine Aktentasche.

Ihre Rede. Die wichtigsten Punkte sind unterstrichen. Alexei nahm die Mappe beiläufig entgegen, ohne sie auch nur anzusehen.

Dmitry, ich weiß, was ich sagen soll. Ich erzähle ihnen eine Geschichte darüber, wie jeder so werden kann wie ich, wenn er nur hart genug arbeitet. Sie lieben es.

Natürlich, Herr Iwanowitsch, nur zur Erinnerung. Abgeordneter Kovalenko möchte nach Ihrer Rede auch die Details des Neubauprojekts mit Ihnen besprechen. Lassen Sie ihn warten.

Alexei winkte ab und sah sich im Raum um. Ein Meer aus teuren Anzügen und Abendkleidern. Falsches Lächeln, leere Gespräche inmitten des Klirrens von Champagnergläsern.

Er hasste dieses Treffen. „Alex, mein Lieber!“ Eine Frau im Diamantenkleid, die Frau eines seiner Rivalen, schwamm auf ihn zu. „Was für eine edle Sache du unterstützt, du hast so ein großes Herz.“

„Ich gebe mir Mühe, Elena.“ Er lächelte charmant. „Wir müssen jungen Menschen eine Chance geben.“

Eine Chance, in der Tat. Aber unter uns, sie senkte ihre Stimme zu einem verschwörerischen Flüster. „Wie kann man aus einem Stein einen Diamanten machen? Gene sind Gene.“

Alexei lächelte nur und nahm einen Schluck aus seinem Glas. In diesem Punkt stimmt er ihr vollkommen zu. Eine halbe Stunde später betrat er die Bühne.

Die Scheinwerfer strahlten ihm direkt ins Gesicht. Im Raum wurde es still. „Freunde“, begann er mit seiner geübten, selbstbewussten Stimme.

Wir sind heute aus einem bestimmten Grund hier versammelt. Wir sind hier, um Hoffnung zu geben. Hoffnung für diejenigen, denen das Schicksal diese Hoffnung genommen hat.

Jeden Tag blicke ich von meinem Büro aus auf diese Stadt. Ich sehe Millionen von Lichtern, Millionen von Leben, und ich glaube fest daran, dass jedes dieser Lichter Potenzial hat. Er hielt inne und sah sich im Raum um.

Die Gesichter des Publikums waren voller Aufmerksamkeit und Zustimmung. Mein Weg war kein Zuckerschlecken. Ich habe klein angefangen.

Aber ich hatte einen Traum und einen unerschütterlichen Willen. Ich arbeitete Tag und Nacht, gab nie auf und schaffte alles alleine. Und heute sage ich Ihnen, dass jeder, wirklich jeder, in meine Fußstapfen treten kann.

Wir müssen ihnen nur die Chance geben, einen Funken in ihren Herzen zu entzünden. Unsere Stiftung ist dieser Funke. Wir geben nicht nur Geld.

Wir schenken ihnen eine Zukunft. Wir sagen diesen Kindern: Seid mutig.

Die Welt liegt Ihnen zu Füßen. Alles hängt nur von Ihnen ab. Der Saal brach in Applaus aus.

Alexei verließ unter Jubel und Händeschütteln die Bühne. Er fühlte sich triumphierend. Ein weiterer Abend, ein weiterer Sieg, rundete sein makelloses Image ab.

Die Party neigte sich dem Ende zu. Die Gäste begannen zu gehen. Kellner räumten Tische ab, und in den hintersten Ecken des Raumes tauchten bereits Leute in grauen Uniformen auf.

Die Reinigungskräfte. Die unsichtbaren Soldaten der Sauberkeit, die nach dem Ende der Party erschienen. Alexei stand mit seinen Freunden Sergei und Nikolai am Ausgang.

Sie besprachen eine kürzlich erfolgte Transaktion und lachten über ihren unglücklichen Konkurrenten. Er dachte, er könne mit dir konkurrieren, Alexei. „Naiv“, sagte Nikolai, ein eleganter Mann mit einem räuberischen Lächeln.

„Das hast du gegessen, ohne zu ersticken.“ „Das Geschäft ist ein Dschungel“, antwortete Alexei träge, „der Stärkste überlebt.“ Der Weg zur massiven Eichentür führte an einer Gruppe von Reinigungskräften vorbei.

Zwei ältere Frauen und ein sehr junges Mädchen. Sie arbeiteten leise und schnell und versuchten, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Sergej stieß Alexei mit dem Ellbogen an.

„Schau, Alexej, da sind sie, deine zukünftigen Millionäre, denen du gerade die ganze Welt zu Füßen versprochen hast.“ Alexej warf den Putzfrauen einen verächtlichen Blick zu. Sein Blick blieb an dem Mädchen hängen.

Sie war so in ihre Arbeit vertieft, dass sie sie nicht zu bemerken schien. Etwas an ihrer Konzentration irritierte ihn plötzlich. Er wollte ihre Ernsthaftigkeit brechen, sie an ihren Platz erinnern.

Er trat einen Schritt auf sie zu. „Hey, du!“, rief er. Das Mädchen hob den Kopf, ihre großen, dunklen Augen blickten ruhig und ohne Unterwürfigkeit.

„Ja, Sir.“ Ihre Stimme war leise, aber klar. „Wie heißen Sie?“ „Sophia, Sir.“

„Sophia!“, sagte er gedehnt und genoss den Namen. „Hast du dir heute meine Rede angehört?“ Sie nickte stumm. „Und, hast du es geglaubt? Glaubst du, du wirst eines Tages in meinen Schuhen stehen und ich werde deine Böden schrubben?“ In seiner Stimme lag ein unverhohlenes Grinsen.

Seine Freunde Sergei und Nikolai brachen in lautes, unangenehmes Gelächter aus. „Wow, Alexei, du hast ihn in die Schranken gewiesen!“ „Ja!“, rief Sergei und klopfte ihm auf die Schulter. „Acht Sprachen! Vielleicht sogar der Mond? Diese kleine Göre hat völlig ihr Gewissen verloren.“

Nikolai wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht und fügte hinzu: „Er meint wahrscheinlich Gebärdensprache, Straßensprache und ein halbes Dutzend anderer Dinge dieser Art. Man muss beim Bodenwischen in höflicher Gesellschaft bescheidener sein.“

Alexei zwang sich zu einem Lächeln. Das Lachen seiner Freunde hätte eine Genugtuung sein sollen, eine Bestätigung seines Standpunkts. Er hatte dieses unverschämte Mädchen gerade in die Schranken gewiesen, nicht wahr? Er sah Sofia ein letztes Mal an.

Sie senkte wieder den Kopf und wischte schweigend den Marmorboden, als wäre nichts geschehen. Ihre Schultern zitterten nicht vor Schluchzen, und ihr Gesicht verzog sich nicht vor Groll. Sie arbeitete einfach.

Und diese Ruhe machte ihn wütender als alle Tränen oder unverschämten Erwiderungen. „Gehen wir, meine Herren!“, sagte er schärfer als beabsichtigt. Die Luft hier war irgendwie abgestanden.

Sie gingen nach draußen, wo Alexeis persönlicher Fahrer wartete. Die kühle Nachtluft kühlte ihn etwas ab. Sergei und Nikolai machten weiterhin Witze über den jungen Polyglotten.

Doch Alexej hörte nicht mehr zu. Er stieg in sein luxuriöses, mit Leder und Holz ausgestattetes Auto. Er schlug die Tür zu und überhörte so ihre Stimmen.

Auf dem Heimweg betrachtete er die funkelnden Lichter der Stadt. Normalerweise beruhigte ihn dieser Anblick und erinnerte ihn an Macht und Erfolg. Heute konnte er nur sein Gesicht im dunklen Glas spiegeln.

Und aus irgendeinem Grund blitzte der ruhige, reine Blick dieses Mädchens immer wieder vor meinen Augen auf. Da war kein Hass, keine Angst, nur … Würde. Eine demütigende, unerklärliche Würde.

Acht Sprachen. So ein Unsinn. Absurd.

Eine Lüge, aus Verzweiflung geäußert, nur um ihn irgendwie zu ärgern. Er hätte es sofort vergessen sollen. Doch der Satz brannte sich wie ein Splitter in sein Gedächtnis.

Zu Hause. In seinem riesigen Penthouse, von dem aus die Stadt wie ein Spielzeug wirkte, schenkte er sich einen teuren Whisky ein. Das Eis klirrte leise im Kristallglas.

Er ging zum Panoramafenster. Dort unten pulsierten Millionen von Leben. Millionen wie ihres.

Ameisen. Staub unter den Füßen. Warum war ein Staubkorn so ärgerlich? Er nahm einen tiefen Schluck.

Der Drink brannte in seiner Kehle, brachte aber keine Linderung. Er ließ die kurze Szene immer wieder in seinem Kopf ablaufen. Ihre sanfte Stimme.

Die Art, wie sie ihren Rücken aufrichtete. Der Mangel an Unterwürfigkeit. Sie bettelte nicht, beschwerte sich nicht und suchte keine Ausreden.

Sie stellte lediglich eine Tatsache fest. Und das war ihre Stärke. Eine Stärke, die sie nicht haben sollte.

„Sie ist einfach eine Lügnerin“, sagte er laut zu sich selbst, und seine Stimme hallte durch das leere Wohnzimmer. Eine listige Lügnerin, entschlossen, Eindruck zu machen. Doch diese Erklärung funktionierte nicht.

Etwas in ihrem Verhalten, ihrer absoluten Ruhe, widersprach dem. Er trank mehr. Die Nacht zog sich schmerzhaft hin.

Am nächsten Tag traf er Sergei und Nikolai in ihrem privaten Golfclub. Sie spielten Golf auf dem perfekt gepflegten Rasen. Die Sonne schien hell, und Bedienstete in schneeweißen Handschuhen servierten Getränke.

Alles war wie immer. Eine Welt des Wohlstands, des Friedens und unerschütterlicher Prinzipien. „Du wirkst heute etwas abgelenkt, Alexei“, bemerkte Nikolai, nachdem er den Ball zum dritten Mal verfehlt hatte.

„Denkst du immer noch an deine Millionen?“ „Nein“, murmelte Alexei und rückte seinen Schläger zurecht. „Ich denke immer noch an das Mädchen von gestern.“ Sergei brach in Gelächter aus.

„Komm schon, du hast jemand anderen gefunden, an den du denken kannst. Sie hat deinen Namen wahrscheinlich schon vergessen. Sie haben ein kurzes Gedächtnis.“

„Nicht sie ist es, die mich wütend macht, sondern ihre Unverschämtheit“, murmelte Alexei. „Kannst du dir vorstellen, mir das ins Gesicht zu sagen? Acht Sprachen …“

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