„Wie kann sie es wagen … tatsächlich aufzutauchen?“, flüsterte das einarmige Mädchen, als sie die Hochzeit ihrer Schwester betrat.
Unerwünscht und von ihrer Adoptivfamilie verstoßen, stand Sofia Rosso allein am Rand des großen Saals und umklammerte ihre Einladung mit einer Hand wie einen Rettungsring. Gelächter, Jazzmusik und das Klirren von Champagnergläsern hallten um sie herum in einer fröhlichen Atmosphäre, doch nur ein Kellner deutete stumm auf einen abgelegenen Tisch unter einer welken Palme – eine leere Ecke, die nur für sie reserviert war.
Sofia wurde nach dem Verlust ihrer leiblichen Eltern von der wohlhabenden Familie Rosso adoptiert und hatte schon lange begriffen, dass das, was sie Liebe nannten, bloße Wohltätigkeit war, die in Schein gehüllt war. Bei der prunkvollen Hochzeit ihrer Schwester Gabriella war sie kein Gast, sondern bloße Dekoration, ein Symbol der falschen Großzügigkeit der Familie.