Man sagt, Worte brechen keine Knochen – doch manche Worte brechen etwas viel Tieferes. Etwas, das nie ganz heilt.
Das Wohnzimmer war schwach beleuchtet, genau so, wie ich es nach Sonnenuntergang mochte. Der Duft von Jasmintee lag noch in der Luft, und die Uhr an der Wand tickte leise – ein Geräusch, das ich in der Stille meiner älteren Jahre seltsam beruhigend gefunden hätte.
Ich habe gerade Wäsche zusammengelegt, als er das sagte. Mein Sohn. Mein einziger Sohn.
„Wir haben keinen Platz für dich, geh weg.“
Er war nicht einmal überrascht, als er das sagte. Er stand einfach nur da, mit verschränkten Armen, als würde er mit einer Fremden auf der Straße sprechen – nicht mit der Frau, die ihn allein großgezogen hatte, die Mahlzeiten ausfallen ließ, damit er essen konnte, die jahrelang dieselben zwei Kleider trug, damit er neue Schuluniformen tragen konnte.
Einen Moment lang dachte ich, ich hätte ihn falsch verstanden. Vielleicht spielte mir mein Gehör, das genauso alt und müde war wie der Rest meines Körpers, einen Streich. Aber nein. Seine Frau saß auf der Couch, den Blick auf ihr Handy gerichtet, und tat nicht einmal so, als wäre sie anderer Meinung. Mein Enkel, kaum zehn, warf mir einen kurzen Blick zu, bevor er sich wieder seinem Videospiel zuwandte.
Ich starrte meinen Sohn an. Ich versuchte zu lächeln. „Wovon redest du, Minh? Wo soll ich hin?“
„Wir haben entschieden“, sagte er kühl. „Wir machen aus deinem Zimmer ein Büro. Du wohnst hier seit Jahren mietfrei. Es ist Zeit, die Dinge zu regeln. Es gibt ein Altenheim in der Nähe.“
Ich fühlte mich, als wäre ich aus großer Höhe gefallen. Die Worte hallten in meinen Ohren wider. Ein Altersheim? Ich kannte dort niemanden. Ich hatte in den letzten zehn Jahren jede Mahlzeit in diesem Haus gekocht. Ich hatte seinen Sohn großgezogen, während er bis spät in die Nacht arbeitete. Und jetzt … wie ein alter Schuh wurde ich hinausgeworfen. Renovierungsarbeiten
In dieser Nacht packte ich. Mehr sagte ich nicht. Stolz ist ein hartnäckiger Begleiter im Alter. Meine Finger zitterten, als ich die Kleidung in den Koffer packte, den ich noch hatte. Ich wollte nicht vor ihnen weinen. Ich wollte ihnen diese Genugtuung nicht geben.
Ich ging nicht in ein Pflegeheim. Ich fuhr mit dem Bus an den Stadtrand und buchte ein billiges Zimmer in einer alten Pension am Fluss. Das Zimmer roch nach Staub und alten Büchern. Aber es war ruhig. Niemand stellte mir Fragen. Das war genug.
In dieser Nacht saß ich da und starrte an die Decke. Dann auf den ramponierten Koffer in der Ecke.
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