„Bei meiner Ultraschalluntersuchung sah ich plötzlich zwei Babys. Beim nächsten Termin war nur noch eins da. Der Arzt lächelte gequält und sagte: ‚Das ist völlig normal.‘ Doch in der Nacht hörte ich zwei Herzschläge in meinem Bauch …“

Die Neonröhren im Untersuchungsraum flackerten matt und erfüllten die Stille mit einem leisen Surren, als Sarah sich auf die Liege legte. Sie strich eine Hand über ihren runden Bauch – 27. Schwangerschaftswoche. Eigentlich war es nur eine Routineuntersuchung, doch ihr Herz klopfte schneller als sonst.

Dr. Meier, seit Monaten ihr vertrauter Gynäkologe, bewegte die Sonde über ihre Haut. Das vertraute Rauschen erfüllte den Raum, und dann erschien das Bild auf dem Bildschirm.
Sarahs Atem stockte. Zwei kleine Profile, nebeneinander, zwei winzige Herzschläge, die im gleichen Takt pochten.

„Zwillinge?“, hauchte sie ungläubig.
Der Arzt verharrte, seine Stirn spannte sich. „Ja… anscheinend.“ Seine Stimme war merkwürdig gedämpft, und er schrieb hastig etwas in ihre Akte, als wollte er mehr verbergen als erklären.

Drei Wochen später, beim nächsten Termin, erstarrte Sarah. Auf dem Bildschirm erschien nur noch ein Kind. Kein zweites. Keine Spur.
„Wo… wo ist das andere?“ Ihre Stimme brach.
Dr. Meier atmete tief durch. „So etwas kommt vor. Man nennt es Vanishing Twin Syndrom. Medizinisch gesehen ist das kein Grund zur Sorge.“ Er zwang ein Lächeln, das seine Augen nicht erreichte.

Sarah nickte mechanisch, doch in ihrem Inneren rebellierte etwas. In dieser Nacht lag sie wach, eine Hand auf ihrem Bauch. Alles war still – bis sie plötzlich ein doppeltes Pochen hörte. Zwei Herzschläge. Nicht im Gleichklang, sondern versetzt, fast wie Stimmen, die miteinander flüsterten.

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