Die Neonröhren an der Decke summten leise, während Anna nervös im Untersuchungsraum Platz nahm. Ihr Bauch war schwer in der 31. Schwangerschaftswoche, jeder Schritt anstrengender geworden. Doch dieser Termin sollte Routine sein – Blutdruck, ein Ultraschall, ein paar Fragen vom Arzt.
Dr. Lorenz, ein Mann mit grauen Haaren und routiniertem Tonfall, begrüßte sie kurz und verschwand wieder, um ein Formular zu holen. Zurück blieb nur die Krankenschwester.
Sie war unscheinbar, vielleicht Mitte vierzig, mit einem ernsten Blick hinter einer schlichten Brille. Doch etwas an ihr wirkte angespannt, fast fahrig.
Anna versuchte, es zu ignorieren, während die Schwester ihren Blutdruck maß. Die Manschette drückte fest, und die Frau runzelte die Stirn, als sie den Wert notierte. Dann griff sie nach einem Stift, beugte sich über den Schreibtisch – und ihre Hand zitterte.
Anna bemerkte, wie sie hastig etwas auf einen kleinen Zettel kritzelte. Ihre Bewegungen waren ungelenk, so als hätte sie Angst, erwischt zu werden. Plötzlich schob sie den Zettel unter das Klemmbrett und drückte ihn im Vorbeigehen unauffällig in Annas Hand.
„Lesen Sie es draußen“, flüsterte sie, ohne ihr in die Augen zu schauen.
Anna schluckte, nickte kaum merklich und steckte den Zettel in ihre Jackentasche. Kurz darauf kam Dr. Lorenz zurück, sprach beruhigend, zeigte das Ultraschallbild und verabschiedete sie. Alles wirkte normal – doch Annas Herz schlug bis zum Hals.
Erst im Auto, die Türen verriegelt, zog sie den Zettel heraus.
Drei Worte standen darauf, hastig hingekritzelt: „Geh nicht nach Hause.“
Ihre Hände begannen zu zittern. Was sollte das bedeuten? Zuhause wartete ihr Mann Stefan – der fürsorglich, liebevoll und immer an ihrer Seite gewesen war. Warum sollte sie nicht zu ihm gehen?