So sieht ein Tag aus, wenn man jeden Cent umdrehen muss…

Es ist noch dunkel draußen, als der Wecker klingelt. 5:30 Uhr. Ich bleibe einen Moment liegen, nicht aus Bequemlichkeit, sondern weil mein Kopf sofort anfängt zu rechnen. Heute ist der 23. des Monats. Noch acht Tage bis zum nächsten Gehalt. Und mein Kontostand zeigt gerade einmal 47 Euro an. Acht Tage. 47 Euro. Das heißt: weniger als 6 Euro pro Tag – für Essen, für Fahrkarten, für alles.

Ich stehe auf, gehe barfuß in die Küche. Der Linoleumboden ist kalt, und genauso fühlt sich mein Herz an. Ich schalte die Kaffeemaschine an – den günstigsten Pulverkaffee vom Discounter. Früher war es der Latte Macchiato vom Bäcker auf dem Weg zur Arbeit. Kleine 3,20 €, die ich mir damals nie hinterfragt habe. Heute weiß ich: Drei solcher Kaffees wären fast eine Mahlzeit für meine Kinder.

Am Kühlschrank hängt ein Einkaufszettel. Milch, Brot, Äpfel, Nudeln, Mehl. Nichts Besonderes, nichts „Luxus“. Alles Dinge, die satt machen sollen. Ich habe gelernt, Angebote zu studieren wie andere die Schlagzeilen in der Zeitung. „3 für 2“-Aktionen sind für mich kein Bonus, sie sind Überlebensstrategie.

Vormittag – Arbeit, und die unsichtbaren Unterschiede

In der U-Bahn sitze ich neben Menschen mit Markenhandys, AirPods in den Ohren. Ich scrolle auf meinem alten Smartphone, das schon ruckelt, wenn ich nur WhatsApp öffne. Meine Tasche habe ich seit acht Jahren. Der Henkel ist geflickt, aber sie hält. Manchmal frage ich mich: Sieht man mir meine Armut an?

Im Büro ist Mittagspause das schwierigste Kapitel des Tages. Meine Kollegen gehen in die Kantine oder bestellen beim Lieferservice. Sushi, Bowls, Burger. Ich hole meine kleine Plastikdose raus: Nudeln mit Tomatensoße, gestern Abend gekocht. Ich lächle, wenn jemand fragt: „Hast du dir wieder was Leckeres mitgebracht?“
Ja, lecker. Nur dass die Soße aus einer 49-Cent-Dose kommt und ich das Gemüse so dünn wie möglich schneide, damit es länger reicht.

Die Unterschiede sind unsichtbar, aber sie sind da. Nicht jeder merkt sie, aber ich spüre sie jeden Tag.

Nachmittag – Die Kinder, das Herz und die Sorgen

Nach der Arbeit hole ich meine Kinder von der Schule ab. Sie rennen mir lachend entgegen, die Rucksäcke halb offen, die Jacken schief. In diesem Moment vergesse ich alles. Für sie will ich stark sein. Sie sollen lachen, unbeschwert sein, spielen.

Doch kaum sind wir zuhause, beginnt das Jonglieren:
„Mama, können wir Eis kaufen?“ – Ich lächle, sage: „Heute nicht, Schatz, vielleicht am Wochenende.“ Ich weiß, dass das „Vielleicht“ fast immer „Nein“ bedeutet. Aber wie soll ich ihnen erklären, dass 2,50 € für zwei kleine Eiswaffeln gerade nicht drin sind?

Also mache ich ihnen Pfannkuchen. Eier, Mehl, Milch – billig, aber immer ein Highlight. Sie freuen sich, als wäre es ein Festessen. Und ich? Ich tue so, als wäre es Absicht.

Abend – Rechnungen, Listen und stille Tränen

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