* Banditen belästigten ihre alte Mutter auf dem Markt, ABER SIE WUSSTEN NICHT, WER IHRE TOCHTER WIRKLICH WAR

Es waren keine Tränen der Erleichterung. Es war das Entsetzen eines Mannes, der eine noch größere Tragödie erwartete. „Warum hast du es getan? Warum?“

„Geh jetzt nach Kiew. Hier ist kein Platz mehr für dich.“ Der Schrei ihrer Mutter traf Kateryna wie ein Messer ins Herz. Sie hatte hunderte Male ihr Leben riskiert, um ihr Land und seine Menschen zu schützen.

Doch jetzt, in Gegenwart ihrer weinenden Mutter, der Person, die sie am meisten liebte, konnte sie nichts tun. Oder besser gesagt: Alles zu tun würde sie nur in noch größere Gefahr bringen. Jekaterina ballte die Fäuste. Ihre kalte Wut brannte still auf dem kühlenden Kopfsteinpflaster des Marktplatzes.

Dieser Ort war das Leben ihrer Mutter gewesen. Und nun sollte er ihr Schlachtfeld werden. Die Schreie ihrer Mutter hallten über den leeren Marktplatz und verstummten dann. Ekaterina half ihr in den engen Raum hinter dem Laden.

Als sie den Erste-Hilfe-Kasten öffnete, roch sie den billigen Geruch von Jod. Ihre Mutter schluchzte und zitterte und konnte der Berührung ihrer Tochter nicht widerstehen. Jekaterina kümmerte sich schweigend um die oberflächliche Granatsplitterwunde am Arm ihrer Mutter. Die Wunde war nicht schlimm, hinterließ aber einen tiefen Bluterguss quer über Jekaterinas Herz.

„Das sind nicht nur Banditen“, sagte die Mutter schließlich. Ihre Stimme war schwer und feucht, wie durchnässte Watte. „Das ist die Bullenbande. Sie beherrschen den gesamten Marktplatz.“

„Fast alle Kaufleute haben sich Geld von ihnen geliehen. Da die Geschäfte schlecht liefen, mussten sie sich der Schuldknechtschaft beugen. Und dann erstickten sie an den immer größer werdenden Zinsen.“ Catherines Blick wurde eisig.

Sie hatte bereits eine Vorstellung von der Situation. „Das war keine willkürliche Gewalt, sondern Teil eines vorsätzlichen Systems. Grausame Raubtiere, die die Angst ausnutzen. Und die Polizei? Sie haben es nicht gemeldet?“

Meine Mutter lächelte bitter. Ihr Lachen war eine Mischung aus Resignation und Zynismus. „Das haben sie gesagt. Onkel Kolja vom Fischteich gegenüber hat es tatsächlich einmal gemacht.“

„Ich habe sogar Paweł dabei gefilmt, wie er hier durchgedreht ist. Und wissen Sie, was passiert ist?“ Ihr Blick war blendend, als würde sie den Horror noch einmal erleben. „Die Polizisten, die kamen, tippten Paweł auf die Schulter und sagten: ‚Lasst uns das friedlich klären.‘“

In derselben Nacht wurde Onkel Kolja in einer Gasse gefasst und zu Tode geprügelt. Er verbrachte einen Monat mit gebrochenen Rippen und geschwollenen Augen im Krankenhaus. Seitdem sind die Wörter „Polizei“ und „Statements“ vom Markt verbannt. Jeder wusste, dass sie unter einer Decke steckten.

Der Gewerkschaftsführer, der angeblich protestieren wollte, war Koljas Onkel. Nach seiner Entlassung kehrte er als völlig veränderter Mensch auf den Markt zurück. Er wich jedem Blick aus, und als Bulls Männer vorbeikamen, senkte er als Erstes den Kopf. Sein Schweigen, ein Symbol des Widerstands, wurde zum Beginn einer weitverbreiteten Verzweiflung.

„Deshalb musst du gehen, Katia. Du bist ein Soldat. Ein Staatsmann. Du hast kein Recht, in diesem Schlamassel zu bleiben.“

„Mama, ich schaffe das schon.“ Die Worte ihrer Mutter drückten aufrichtige Sorge um ihre Tochter aus, doch für Jekaterina klangen sie wie eine Kapitulationserklärung. Sie nahm still die Hand ihrer Mutter – diese schwielige, raue Hand, die ihr ihr ganzes Leben lang treu ergeben war.

„Mama.“ Ein Land ist nicht nur das, was auf der Landkarte zu sehen ist. Es sind Menschen, die Schutz brauchen. Catherine konnte in dieser Nacht nicht schlafen.

Der Marktplatz war stockdunkel. Nur gelegentliches Katzenmiauen unterbrach die Stille. Sie griff nach ihrem Smartphone und begann, vertraute Nummern zu wählen. Gefährten, denen sie ein höllisches Training absolviert und denen sie ihr Leben anvertraut hatte.

Brüder nicht durch Blut, sondern durch Bande, die stärker sind als Blut. Der erste Anruf ging an Dmitry Orlenko, einen ehemaligen Soldaten der Spezialeinheit. Er beherrschte alle Arten von Waffen, aber seine Fäuste waren mächtiger als alle anderen. Nach Beendigung seines Dienstes eröffnete er ein kleines Fitnessstudio, in dem er Kinder trainierte.

„Alter Mann, hallo! Was führt dich hierher?“, fragte er, und aus seinem Mund drang das gedämpfte Geräusch eines Boxsacks, das aus einem Telefonhörer im Urlaub kam. „Dimon, ich habe eine dringende Bitte.“

Jekaterina beschrieb kurz die Situation: den Marktplatz, die Bullenbrigade, die hilflose Mutter. Dmitri schwieg. Noch ein paar gedämpfte Geräusche waren zu hören, dann fragte er leise: „Wie viele sind es?“

Klärung der Anzahl der Ziele. Der zweite Anruf ging an Michail Bilenko, einen ehemaligen Kommunikationsspezialisten, dessen Finger auf der Tastatur seine tödlichste Waffe waren. Er war für alle Kommunikationsnetze und Sicherheitssysteme seiner Einheit verantwortlich und wurde nach Beendigung seines Dienstes leitender Spezialist beim größten IT-Unternehmen des Landes. „Katjucha, du hast schon lange nichts mehr von mir gehört.“

„Was ist mit deiner Stimme los? Irgendwas stimmt nicht.“ Ihr Ton war wie immer einfühlsam und ruhig. Ekaterina schilderte noch einmal kurz die Situation und erwähnte ihre Verbindungen zur Polizei.

„Bull Brigade. Einen Moment.“ Das Klappern von Tasten im Hörer hallte wider. Nach einigen Sekunden Stille meldete sich Mikhail zu Wort.

Sie betreiben mehrere Scheinfirmen, die als Mikrokreditagenturen registriert sind. Der Direktor ist eine Galionsfigur, der wahre Eigentümer bleibt im Dunkeln. Es ist ein klassischer Betrug. Der Sohn eines örtlichen Polizeichefs hat kürzlich eine Wohnung in der Nähe von Kiew gekauft, und die Herkunft der Mittel ist ziemlich unklar.

„Interessant.“ Seine Worte klangen schon so aufgeregt wie die eines Stabsoffiziers, der eine Schlachtfeldkarte ausbreitet. Ein letzter Anruf an Andrei Sokoljuk, einen ehemaligen Pionier, der auch angesichts einer tickenden Bombe nie die Fassung verlor. Ein Mann mit Nerven aus Stahl.

Jetzt lebte er in seiner Heimatstadt und unterrichtete Kinder im Sambo. „Katerina, wie geht es dir?“ Andrejs Stimme war wie immer ruhig wie ein See. Seine Gelassenheit beruhigte alle um ihn herum.

Nachdem er Catherine zugehört hatte, hielt er inne. „Ich verstehe. Es gibt keine wichtigere Mission, als die eigene Mutter zu beschützen.“ Die drei Gefährten stellten, als ob sie sich einig wären, dieselbe Frage.

„Wo und wann?“ Tränen traten Ekaterina in die Augen. Doch sie blieb ruhig. „Leute, danke, aber das ist meine Sache.“

„Das muss ich selbst herausfinden.“ Die drei Männer am anderen Ende der Leitung lachten. Dmitri sprach zuerst. „Hey, Kowaltschuk, lass dich nicht täuschen.“

„Sie sind ein aktiver Soldat, der dem Staat untersteht und in Ungnade entlassen werden möchte“, warf Mikhail ein. „Genau. Und wir sind jetzt ganz normale Zivilisten.“

„Auch wenn wir Beweise sammeln und etwas brutaler vorgehen müssen, lassen wir uns nicht vor ein Militärgericht zerren. Wie heißt du? Richtig?“, brachte Andrej das letzte, überzeugendste Argument vor.

„Also haltet euch da raus. Das ist unser Job.“ Die drei Anrufe endeten fast gleichzeitig. Einen Moment später kam eine Gruppennachricht: „Ihr seid noch im Dienst, und wir Zivilisten sind auf dem Weg.“

Dieser kurze Satz brannte sich wie brennende Buchstaben in Catherines Gedächtnis ein. Leise erhob sie sich. Draußen lag der Marktplatz noch immer in tiefe Dunkelheit gehüllt, doch sie war nicht mehr allein. Ihre treuesten Verbündeten waren bereits auf dem Weg hierher, in die kleine Provinzstadt Cherson, wo ihre Mutter lebte.

Ein unsichtbarer Krieg hatte begonnen. Am nächsten Tag war die Luft auf dem Markt gespannt wie eine Bogensehne. Die Händler öffneten ihre Läden früher als sonst, aber ihre Bewegungen waren langsam und zögerlich. Alle warfen verstohlene Blicke auf Mutter Catherines Laden, da sie den nahenden Sturm spürten.

Ihre Vermutung erwies sich als richtig. Um zehn Uhr morgens rollten mit ohrenbetäubendem Lärm zwei alte Motorräder auf den Marktplatz. Pawełs Männer saßen am Steuer, auf dem Rücksitz saß Paweł, sein Arm war von seiner gestrigen Verletzung eingegipst. In seinen Augen strahlte nicht mehr die Wut, sondern der blanke Wahnsinn.

Er fuhr an Mutter Jekaterinas Laden vorbei und steuerte direkt auf Onkel Koljas Fischladen zu. „Hey, Herr Vorsitzender, haben Sie sich gestern gut umgesehen? Hat es Ihnen gefallen?“, rief Paul.

In diesem Moment beschleunigte eines der Motorräder auf seine volle Länge und krachte direkt in die Fischtheke. Mit einem Dröhnen und einem Knall flogen silberne Fische, Kisten und Schuppen durch die Luft. Der widerliche Geruch von verrottendem Fisch vermischte sich mit dem Geruch von Benzin. Überall hallten Rufe von Verkäufern wider.

„Das ist erst der Anfang. Jedem Weibsbild, das dieses Wesen verteidigt, droht dasselbe. Behaltet die Augen offen.“ Paweł schnappte sich mit seiner gesunden Hand den verfaulten Fischkopf vom Boden und warf ihn in Onkel Koljas Schaufenster.

Sofort brach Chaos aus. Verängstigte Händler begannen, die Rollläden ihrer Läden herunterzulassen. Auf dem Marktplatz herrschte Angst. Ekaterina beobachtete das Ganze vom Laden ihrer Mutter aus.

Sie wollte hinauslaufen und Pavel den anderen Arm brechen, doch ihre Mutter packte sie am Ärmel und flehte: „Bitte, Katja, hab Geduld, bitte.“ In diesem Moment bemerkte Jekaterina drei vertraute, aber unbekannte Gestalten. Eine, in Wanderkleidung und mit einem Rucksack, stand in der Nähe und beobachtete sie aufmerksam.

Es war Dmitri. Sein Blick fing wie eine Kamera die Gesichter und Züge von Pawel und seiner Bande ein. Ein anderer Mann, in alte Arbeitskleidung gekleidet, hockte an der Theke und tat so, als würde er rauchen; das war Andrej. Sein Blick überblickte die Struktur des Marktplatzes, den Verlauf der Straßen und die Fluchtwege des Feindes.

Der Dritte, Mikhail, stand etwas weiter entfernt, an einen Pfosten gelehnt, und starrte auf sein Smartphone, während er in Wirklichkeit bereits nach öffentlichen WLAN-Netzwerken und der Signalstärke in der Umgebung suchte. Wortlos trennten sich ihre Wege und sie schätzten die Lage ab. Ihre Blicke trafen sich. Dmitry nickte fast unmerklich …

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