Der Haarschnitt, der alles veränderte

In der 9. Klasse hatte ich richtig lange Haare. Eines Tages nahm mich meine Mutter plötzlich mit zu einem Herrenfriseur. „Schneiden Sie ihr die Haare kurz wie ein Junge“, sagte sie. Ich weinte, aber meine Mutter bat den Friseur immer wieder, sie noch kürzer zu schneiden. Die Leute um uns herum starrten uns an. „Ist das alles, Ma’am?“, fragte der Friseur. „Nein“, antwortete meine Mutter und stand auf. „Schneiden Sie sie noch kürzer.“

Ich fühlte mich wie in einem Albtraum, aus dem ich nicht aufwachen konnte. Meine Haare fielen in dicken Büscheln zu Boden. Der Friseur zögerte jedes Mal, wenn er die Schere in die Nähe meines Kopfes brachte und mich im Spiegel mit Augen ansah, die ihm Leid zu sagen schienen. Aber Mamas Blick ließ ihn weitermachen.

Als er endlich fertig war, sah mein Spiegelbild aus wie ein Fremder. Mein Kopf fühlte sich leichter an, doch mein Herz war schwerer denn je. Tränen strömten mir über die Wangen, als ich vom Friseurstuhl stieg. Alle im Salon taten so, als würden sie nicht hinsehen, doch ihre Blicke folgten mir, bis ich ging.

Draußen sagte Mama kein Wort. Sie packte nur mein Handgelenk und zog mich zur Bushaltestelle. Ich erinnere mich an jeden Riss im Gehweg, an jedes Hundegebell in der Ferne und daran, wie meine Kopfhaut in der kalten Brise kribbelte. Ich weiß noch, wie ich dachte: „Warum passiert mir das?“

In dieser Nacht starrte ich mich stundenlang im Badezimmerspiegel an. Ich erkannte das Mädchen nicht, das mich anstarrte. Mein Haar war das, was ich am meisten an mir liebte. Früher hatte ich es stundenlang gebürstet, geflochten und über den Rücken fallen lassen. Jetzt bedeckte es kaum meine Ohren. Ich fühlte mich nackt, bloßgestellt, als würde jeder Makel in meinem Gesicht ohne den Vorhang meiner Haare noch größer wirken. Als ich am nächsten Morgen zur Schule ging, schnappten die Leute nach Luft. Manche lachten, andere flüsterten. Ein Junge, in den ich verknallt war, bedeckte seinen Mund, um sein Kichern zu verbergen. Ich wollte im Boden verschwinden.

 

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