Die Tochter des Milliardärs hatte nur noch drei Monate zu leben, bevor ihre neue Haushälterin die Wahrheit herausfand.
Sie stellte frische Blumen auf den Nachttisch – keine grellen, sondern gedeckte Farben, nichts zu knallig. Eines Tages brachte sie eine kleine Spieluhr mit und stellte sie daneben. Sie sagte nichts dazu, aber sie bemerkte, dass Lilia den Kopf drehte, als die Musik begann.
Es war eine kleine Reaktion, aber immerhin etwas. Julia saß ebenfalls vor Lilias Zimmer und las gelegentlich in Ruhe. Sie war nicht aufdringlich, sie wollte einfach nur in der Nähe sein, ohne das Mädchen zu stören.
Mit der Zeit begann Lilia, sie anzusehen und ihr dann ein paar Sekunden lang in die Augen zu schauen. Julia antwortete stets mit einem sanften Lächeln und setzte sie nie unter Druck. Sie wusste, dass es Zeit und Geduld brauchte, jemandem zu vertrauen, der verletzt war.
Roman bemerkte den Unterschied. Zuerst sagte er nichts, aber dann wurde er aufmerksamer. Im Gegensatz zu anderen Mitarbeitern versuchte Julia nie, ihn zu beeindrucken oder ihm zu viele Fragen zu stellen.
Sie war nicht übermäßig fröhlich und tat auch nicht so, als könnte sie alles richten. Sie erledigte einfach ihre Arbeit und behandelte Lilia mit stillem Respekt. Roman spürte die Veränderung in der Atmosphäre.
Julias Anwesenheit war nicht laut, aber sie füllte einen Raum, der zu lange leer gewesen war. Eines Nachts, als er an Lilias Tür vorbeiging, sah er das Mädchen mit der kleinen Spieluhr in der Hand, die Julia ihr geschenkt hatte. Zum ersten Mal seit Monaten hatte sie selbst etwas in die Hand genommen.
In dieser Nacht rief Roman Julia in sein Büro und dankte ihr, nicht mit pompösen Worten, sondern mit einem einfachen „Danke“, das ihr sehr viel bedeutete. Er verlangte nichts weiter von ihr, nur, dass sie mit sich allein sei. Das war genug.
Im Laufe der Tage entwickelte sich zwischen Julia und Lilia ein stilles Verständnis. Es gab keine langen Gespräche, aber immer wieder kurze Momente. Lilia ließ Julia ihr die Haare bürsten oder neben ihr sitzen, ohne Abstand zu wahren.
Manchmal brachte Julia ihr ein Skizzenbuch und fand später eine neue Bleistiftzeichnung. Diese kleinen Dinge zeigten Julia, dass Lilia begann, ihr zu vertrauen. Sie erwartete keine schnellen Fortschritte oder sofortige Verbesserungen, aber sie glaubte an die Kraft von Bindungen.
Der Schmerz, den Julia ertragen musste, half ihr, Lilia mit anderen Augen zu sehen – nicht als Patientin, sondern als Mensch. Sie versuchte nicht, Lilias Trauer zu lindern, sondern blieb einfach bei ihr und erinnerte sie sanft daran, dass sie nicht allein war. Für Julia war dies nicht nur ein Job, sondern mehr.
Sie hatte das Gefühl, dass sie, indem sie Lilia half, auch einen Teil von sich selbst heilen konnte, der so lange getrennt gewesen war. Julia arbeitete nun schon seit mehreren Wochen im Wohnheim. Ihre Tage verliefen im Wesentlichen unverändert.
Sie putzte die Zimmer, bereitete Kleinigkeiten für Lilia vor und blieb für sich, ohne Lärm zu machen. Sie hatte sich bereits an die ruhige Atmosphäre gewöhnt. Es kam ihr fast normal vor.
Eines Nachmittags half Julia Lilia, sich nach ihrem Mittagsschlaf fertig zu machen. Lilia ließ Julia immer näher kommen. An diesem Tag bot Julia an, die dünnen Haarsträhnen auszubürsten, die auf Lilias Kopf zu wachsen begannen.
Sie benutzte eine weiche Bürste und bewegte sie vorsichtig, um es nicht zu verletzen. Plötzlich rührte sich Lilia leicht und sagte leise: „Es tut weh.“ „Fass es nicht an, Mama.“
Julia erstarrte, als sie diese Worte hörte. Ihre Hand erstarrte in der Luft. Sie sagte nicht sofort etwas.
Ihr Verstand versuchte zu begreifen, was gerade passiert war. Lilia hatte sie „Mama“ genannt. Der Moment schien kein Zufall zu sein …
Julia stand still und wusste nicht, was sie tun sollte. In Lilias Stimme lag Entsetzen, als wäre der Schmerz, den sie empfand, mehr als nur körperlich. Julia sah sie sanft an, doch Lilia blickte nicht auf.
Sie blickte auf den Boden und umklammerte den Saum ihres Hemdes. Julia legte langsam die Bürste hin und sagte: „Okay, das reicht für heute.“ Sie stellte keine Fragen, drängte nicht auf Erklärungen, doch tief in ihrem Inneren wirbelten ihre Gedanken.
Lilia sprach kaum, war immer still und reagierte kaum. Dieses Mal war alles anders. Nicht nur das Wort „Mama“ war wichtig, sondern auch der Ton.
Es hatte etwas Emotionales an sich, etwas wie Angst oder Erinnerung. Julia wusste nicht, was sie denken sollte, aber sie spürte, dass etwas nicht stimmte. Lilias Reaktion war nicht nur Kratzen, sondern etwas anderes.
Julia verstand es noch nicht, aber sie wollte es unbedingt herausfinden. Sie verließ Lilias Zimmer und ging langsam den Flur entlang. Ihre Schritte waren automatisch, ihre Gedanken schweiften woanders hin.
Sie ließ diesen Moment immer wieder in ihrem Kopf Revue passieren. Sie dachte daran, wie Lilia das Wort „Mama“ aussprach, als wäre es etwas aus der Vergangenheit. Julia hatte ein Kind verloren und verstand daher, wie mächtig dieses Wort sein konnte.
Doch Lilias Mutter war gestorben. Roman hatte ihr davon erzählt, als er sie anstellte. Hatte Lilia sie vielleicht mit jemandem aus ihren Erinnerungen verwechselt, oder steckte etwas Tieferes dahinter? Julia verspürte ein seltsames Unbehagen.
Irgendetwas an dieser Situation fühlte sich seltsam an. Lilias Reaktion war zu konkret, als würde sie den Moment noch einmal erleben. Julia wollte nicht über die negativen Aspekte nachdenken, aber sie konnte das seltsame Gefühl nicht abschütteln.
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