Zwanzig Jahre nachdem meine Mutter an ihrem Hochzeitstag spurlos verschwunden war, stieß ich auf ihr Kleid bei einem staubigen Garagenflohmarkt. Ich kaufte es sofort. Erst als ich mit der Hand über das Futter strich, bemerkte ich etwas Verstecktes, tief im Saum eingenäht… Ich hatte an diesem Morgen nicht vorgehabt, dort vorbeizuschauen. Die Garagenflohmärkte in der Cedar Lane bestehen nur aus Pappkartons, durchgebogenen Tischen und altem Spielzeug, das nach Dachbodenstaub roch. Doch dann sah ich es – einen weißen Kleidersack, der an einer rostigen Garderobe hing, die Sonne glitzerte auf dem Reißverschluss. Irgendetwas an der Form des Stoffes ließ mich wie angewurzelt stehen bleiben.
Darin erkennt man, dass sie ein Brautkleid ist. Schlicht, elegant – elfenbeinfarbener Satin mit einem Oberteil aus Spitze, ein Stil der 90er-Jahre, wie man ihn nur auf alten Fotos sieht. Und ich erkannte es sofort.
Es war das Kleid meiner Mutter.
Vor zwanzig Jahren verschwand meine Mutter, Elaine Parker, an ihrem Hochzeitstag. Sie sollten meinen Vater heiraten, aber sie erschien nie in der Kirche. Kein Wort. Niemand. Nur ihr Auto, verlassen in der Nähe des Montrose-Sees, die Schlüssel noch im Zündschloss. Der Fall machte monatelange Schlagzeilen in der Lokalzeitung, bevor er im Sande verlief. Mein Vater heiratete nie wieder. Ich war acht Jahre alt.
Die Verkäuferin – eine Frau mittleren Alters mit schütterem Haar – sagte, sie habe das Kleid bei einer Lagerauktion gefunden. „Ich dachte, es wird niemand haben“, sagte sie beiläufig. Ich zahlte ihre zwanzig Dollar und trug es nach Hause, mein Herz hämmerte, als hätte ich ein Grab ausgehoben.
Zuhause öffnete ich den Kleidersack und legte ihn aufs Bett. Er roch leicht nach Zeder und nach Vergangenem. Ich fuhr mit den Fingern über die Nähte und stellte mir vor, wie sie es trug. Dann, am Saum, fühlte ich etwas Unebenheit – eine kleine, harte Ausbeulung im Futter.
Mein Herz raste.
Ich nahm eine Schere und schnitt vorsichtig ein paar Fäden ab. Darin, in verfärbtes Seidenpapier gewickelt, lag ein kleiner Metallschlüssel an einem verblichenen blauen Band. Daran befestigt war ein verschmierter, aber noch lesbarer Zettel:
„Falls etwas passiert – 14B, Stonebridge.“